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Lungenwürmer - ein Erfahrungsbericht.

sdihle

Aktualisiert: 12. Feb.

von Stefanie Dihle


Lange habe ich mit mir gehadert diesen Bericht zu schreiben, weil ich mir stets unsicher war, ob Lungenwürmer die wirkliche Ursache für unser "Problem" waren. Nach mehrmaliger Besserung nach Entwurmung steht für mich die Diagnose allerdings fest: meine Hunde hatten Lungenwürmer und die Folge war zumindest bei Pan nicht unerheblich.


Pan, ein Mittelspitz, kam 2019 aus Ungarn zu mir und hatte von Beginn an ein nicht fassbares, stets kurzzeitiges Röcheln. Das trat vor allem nachts auf, allerdings so unspezifisch und monatelang auch gar nicht, dass ich mir langfristig nicht weiter Gedanken darüber machte. Selbstverständlich wurde er vom Tierarzt untersucht. Weder war der Hustenreiz auslösbar, noch hörte sich das Herz bedenklich an, die Lunge war frei, das Blutbild top, seine Verdauung war eigentlich immer stabil. Lediglich als er hier ankam, hatte er gelegentlich mit Durchfall zu kämpfen. Ich habe, ich weiß nicht wie oft, ein Auslandsreiseprofil testen lassen, weil ich immer dieses eine Bauchgefühl bei ihm hatte. Alle Tests waren stets negativ. Was im Nachhinein grundlegend auffällig war, war seine Verdauungsempfindlichkeit nach Stresssituationen. Dann kam es schon mal vor, dass er kurzzeitig Durchfall bekam. Aber auch nicht immer. Es war wie alles andere nicht greifbar...


Im Jahr 2023 dann hatte er insgesamt vier Schübe, bei denen es ihm miserabel ging. Er fraß nichts außer Gras (wer weiß, wie Spitze ticken, dem ist klar, dass ein Spitz richtig krank sein muss, wenn er nicht mehr frisst), übergab sich, hatte schleimigen Durchfall. Ich habe mir damals die genauen Daten aufgeschrieben, weil mir im Jahr zuvor schon auffiel, dass irgendetwas nicht passte. 25. Mai, 4. Juli, 11. November, 21. Dezember (im Nachhinein erschreckend passend mit der 6-8-wöchigen Präpatenzzeit des großen Lungenwurms „Angiostrongylus Vasorum“). Zwischen diesen Schüben ging es ihm blendend. Er wirkte kerngesund. Die letzten beiden Schübe allerdings waren so schlimm, dass er zwei bis drei Tage nichts fraß.


Im September 2023 hatte er außerdem Blut im Urin. Die bakteriologische Untersuchung fiel negativ aus, allerdings wurden Struvitkristalle und ein erhöhter PH-Wert festgestellt. Hätte ich den blutigen Urin nicht gesehen, wäre dieses Problem nicht aufgefallen. Man hat ihm nichts angemerkt.



Nach dem zweiten Schub begann ich sein Blut regelmäßig zu kontrollieren. In dem Juli-Blutbild waren lediglich die Eosinophile stark erhöht, im September dann zusätzlich die Monozyten und der Entzündungswert (CRP). Es folgte eine negative Kotuntersuchung. Ich entwurmte ihn trotzdem. Lungenwürmer und ihr spezielles Entwurmungsschema hatte zu dem Zeitpunkt niemand auf dem Schirm. Warum auch? Ihm ging es ein paar Tage nach diesen Schüben immer gut. Er ging spazieren, spielte mit dem Junghund Yume, klaute Socken und war ein fröhlicher, scheinbar gesunder und wie immer frecher Spitz.



Nach diesem 21. Dezember 2023 gab es nun endlich eine Diagnose: eine schwere Pankreatitis. Seine spezifische Pankreaslipase (cPLi) sprengte den Rahmen und war jenseits von Gut und Böse, ebenso wie der Entzündungswert (CRP). Seltsamerweise befanden sich die Eosinophile wieder im Normbereich, weswegen niemand mehr an Würmer dachte.



Im Ultraschall war seine Prostata vergrößert, er hatte nach wie vor Kristalle in der Blase und einen viel zu hohen pH-Wert im Urin. Also bekam er über Weihnachten 2023 fünf Tage lang Infusionen. Seiner Meinung nach überflüssig. Ich musste ihn förmlich zwingen, ruhig an der Infusion zu liegen.


Damit schien für mich aber wenigstens das Rätsel der Verdauungsprobleme gelöst (den temporären Husten hatte ich bereits als immerwährenden Begleiter abgeschrieben).


Und ab da fing, trotz Behandlung, alles an noch seltsamer zu werden, als es ohnehin schon war.


Sein Bauchspeicheldrüsenwert sank Anfang 2024 auf einen immer noch bedenklich erhöhten Bereich, aber er sank. Um zwei Wochen später wieder durch die Decke zu schießen und sich in der Folge auch nicht mehr herunter zu regulieren.



Spitzenreiter war der Wert im Februar 2024.


Zu dieser Zeit wirkte er völlig gesund, er hatte keine Symptome. Wenigstens der Entzündungswert regulierte sich weiter herunter. Seine Schilddrüse allerdings fuhr Achterbahn (der freie T4 Wert war erhöht, sein T4 im unteren Referenzbereich).


Es passte alles vorne und hinten nicht zusammen.


Chronische Pankreatitis war die kurzzeitige, hilflose Diagnose. Pan wurde für schwerkrank erklärt. Man gab ihm nicht viel Überlebenschance, obwohl es ihm den Umständen entsprechend blendend ging. Blutbild und Allgemeinbefinden passten absolut nicht zusammen. Auf mein Drängen hin schickte mein Haustierarzt uns zur weiteren Diagnostik in die Uniklinik Leipzig. Die dortige Tierklinik hat eine sehr gute Internistik, da sollte uns geholfen werden. So hofften wir. Im Februar 2024 war nun der große Termin inklusive Ultraschall. Ein weiteres Blutbild wurde gar nicht erst gemacht, weil der Klinik bereits nahezu ein Katalog an Blutbildern vorlag. Im Ultraschall des Abdomen wurde - oh Wunder - kaum etwas gefunden. Sein Darm sah gut aus, die Bauchspeicheldrüse deutete nicht ansatzweise auf eine chronische Entzündung hin.



Nichtsdestotrotz sprach die Oberärztin eine chronische Enteropathie, also eine chronische Erkrankung des Darms, mit sekundär erhöhter Pankreaslipase aus. Sein niedriger B12 Wert kombiniert mit den vier Schüben würde dafür sprechen. Ihre Empfehlung: Ausschlussdiät. Allergie stand im Raum.



Ich kochte fortan Kaninchen, Quinoa und Pastinake für Pan - Komponenten, die sein Organismus nicht kannte. Erst dachte ich, es würde helfen. Er vertrug es gut, es traten keine schweren Schübe mehr auf. Das gelegentliche Röcheln allerdings blieb. Seine (mittlerweile) stark empfindliche Verdauung auch. Seine Werte verbesserten sich allerdings nicht. Im Gegenteil. Der Kastrationschip zur Verkleinerung der Prostata wirkte, der pH-Wert im Urin blieb nach wie vor hoch. Das Labor Enterosan bewertete sein Mikrobiom als vollkommen aus dem Ruder gelaufen. Leaky Gut – ein löchriger Darm wurde vermutet. Nichtsdestotrotz kam mit der Diät halbwegs Ruhe in die Verdauung, sodass ich glaubte, ich hätte die Diagnose gefunden, auch wenn sie mich nicht zufrieden stellte: Chronische Darmentzündung.



Das Röcheln wollte ich trotzdem ein letztes Mal abklären, also schickte ich Ende August 2024 alle bisherigen Unterlagen an eine namhafte Kardiologin und bekam recht kurzfristig einen Termin zur Herzechokardiografie. Zu dem Zeitpunkt zeigte er das Röcheln sogar tagsüber. Er litt (trotz Entwurmung) ebenfalls an massivem Bandwurmbefall, sein Immunsystem war scheinbar stark im Keller. Zu dem Zeitpunkt wurde er nun auch beim Spaziergang schneller müde.



Ich kürze hier stark ab: bei der Untersuchung kam heraus, dass er an Lungenwürmern leidet.


Das Herzecho ließ daran keinen Zweifel.



Es folgte eine ESCCAPempfohlene Behandlung mit Milbemycin - vier Wochen lang einmal wöchentlich. Es ging Pan unmittelbar nach der Wurmkur deutlich besser. Seltsamerweise fingen etwa drei Wochen nach der Behandlungsperiode die Symptome (Röcheln, empfindliche Verdauung) wieder an. Also machten wir das ganze Entwurmungsschema noch einmal. Mit demselben Ergebnis: nach drei Wochen fingen die Symptome erneut an. Auf Nachfrage bei der Kardiologin bekam ich die Antwort, dass sie schon länger die nicht mehr ausreichende Wirkung einiger Medikamente beobachte.


Nun ist mein aktueller Plan eine weitere ESCCAP-Empfehlung: Ein Spot-on, das auch gegen Herzwürmer eingesetzt wird (der Verlauf des großen Lungenwurms ist ja quasi identisch). Dieses tötet die Parasiten durch die Abgabe über die Haut langsam und auch hier ist es ziemlich interessant, dass sowohl beginnende Magen-Darm-Probleme als auch sein Röcheln eine Woche nach Gabe aufhören.


Lungenwürmer werden durch Schnecken und ihren Schleim übertragen. Der Hund muss dafür keine Schnecke direkt aufnehmen, es reicht der Kontakt mit dem Schleim, beispielsweise über „infiziertes“ Grasfressen. Durch den Darm wandern die Parasiten in Lunge und Herz, wo die entstandenen Larven abgehustet und verschluckt werden. So gelangen sie erneut in den Darm und werden dann mit dem Kot ausgeschieden. Den Kot nehmen wiederum Schnecken zu sich und der Kreislauf ist geschlossen.


Das Gute: Betroffene Hunde können andere Hunde nicht direkt anstecken. Es benötigt immer den Weg über die Schnecke.


Warum, wieso und woher diese Parasiten in unserem Lebensumfeld kommen, ist mir mittlerweile egal. Was es mit einem Individuum anrichten kann, ist viel wichtiger. Meine Yippie zum Beispiel bekam Ostern 2024 ebenfalls schwere Verdauungsprobleme und eine nachgewiesene Pankreatitis. Es folgte ein unerklärlicher, phasenweise auftretender, leichter Husten. Ihr Allgemeinzustand war, wie zumeist bei Pan, unauffällig. Sie zeigte weder Abgeschlagenheit, noch Appetitlosigkeit.


Auf der Lunge wurden im Röntgen Schatten gesehen. Im Blutbild zeigten sich erniedrigte Thrombozyten. Vektorerkrankungen konnten in der Folgeuntersuchung jedoch ausgeschlossen werden. Der Husten wurde mit Antibiotikum behandelt und besserte sich zunächst, ging aber nie vollständig weg. Seit sie mit denselben Mitteln wie Pan behandelt wird, geht es ihr deutlich besser. Meine anderen drei Hunde hatten lediglich tränende Augen und hin und wieder eine wie verstopft klingende Nase. Auch hier verschwanden die Symptome nach Entwurmung.



Zusammenfassend die unabhängig voneinander aufgetretenen, oft nur sehr dezenten Symptome: Im Blut → Erhöhte Eosinophile, erhöhte Monozyten, niedrige Thrombozyten, niedriges Vitamin B12, erhöhte Bauchspeicheldrüsenwerte, uneinheitliche Schilddrüsenwerte. Im Urin → Blut, erhöhter PH-Wert, Struvitkristalle. Im Kot → Durchfall, Schleim, Gestank, erhöhtes Volumen, erhöhter PH-Wert, hoher Zonulin-Wert. Erkrankungen → Pankreatitis (Prostatahyperplasie?). Allgemeinzustand → Appetitlosigkeit, Erbrechen, Mattigkeit, Gewichtsverlust, Bauchschmerzen. Atemwege → Rückwärtsniesen, Röcheln, verstopfte Nase, Husten, tränende Augen.


Natürlich wurde der Kot aller Hunde mehrfach auf Lungenwürmer untersucht. Immer negativ. Mir wurde von einer befreundeten Tierärztin gesagt, dass das Finden der Lungenwürmer durch deren Entwicklungszyklus im Hund wie Lotto spielen sei.


Manuela Schnyder, Professorin für Veterinärparasitologie an der Universität Zürich, veröffentlichte bereits 2010, dass rund jeder zehnte Hund mit Lungenwürmern infiziert sei. In einem Artikel aus dem Institut für Parasitologie der Universität Wien, ebenfalls von 2010, beschreiben die Autoren unter den klinischen Ausprägungsformen unter anderem unspezifische Symptome wie schnelle Ermüdbarkeit, Erbrechen und Durchfall sowie Husten und Nasenausfluss.


Veränderungen in den Blutwerten können sich in Thrombozytopenie und Eosinophilie zeigen. In einem Fallbeispiel zeigte ein Hund erhöhte Pankreaswerte, allerdings keine hierzu passenden, klinisch auffälligen Symptome. Die Larven können in nahezu jedes Organ wandern. Auch Krampfanfälle sind möglich. Unbehandelt kann eine Angiostrongylose tödlich enden.


In der Diagnostik gilt die Sammelkotuntersuchung durch das Trichterauswanderungsverfahren nach Baermann aktuell (noch?) als Goldstandard. Allerdings dürfte hier die Dunkelziffer sehr hoch sein, denn wenn der Hund gerade keine nachweisbaren Larven ausscheidet, ist der Befund negativ. Relativ neu sind PCR- und Antigentests. Wie sicher die in der Diagnostik allerdings sind, dazu habe ich leider keine Informationen.


Ich möchte mit dem Beitrag das Bewusstsein auf Seiten der Besitzer und Tierärzte schärfen, dass heftige Gesundheitsprobleme, vor allem Verdauungsbeschwerden, durchaus von Lungenwürmern, speziell dem großen Lungenwurm, auch französischer Herzwurm genannt, verursacht werden können. Zwei meiner Hunde bekamen eine schwere Pankreatitis, die mit tagelanger Infusionsgabe und Diät behandelt werden musste. Die Schonkost schlug langfristig nicht an. Immer wieder traten Bauchschmerzen, Erbrechen und schleimiger Kot auf. Wenn man sich den Entwicklungszyklus der Lungenwürmer anschaut, wundert es wenig, dass Pan sowohl von den Internisten in Leipzig als auch von den Experten des Labors Enterosan eine chronische Darmentzündung bzw. ein Leaky Gut diagnostiziert bekam. Es hätte wunderbar gepasst, wären da nicht all die Puzzleteile gewesen, die sich nie sinnvoll zusammen fügen ließen.


Seit dem Entwurmungsschema kann ich alle meine Hunde wieder normal füttern (ich bereite das Futter frisch und gekocht zu). Sie vertragen alles und haben keine Beschwerden mehr.


Weiterführende Links:


„Lungenwürmer: Relevanz und Maßnahmen in der Kleintierpraxis“ von Prof. Dr. med. vet. Manuela Schnyder


Entwurmungsschema


„Angiostrongylus vasorum – wann gehört er auf die DD-Liste?“ von Prof. Dr. med. vet. Manuela Schnyder


„Angiostrongylus vasorum, der „Französische Herzwurm“: auch ein Problem in Österreich?“ von K. MAIER, M. LÖWENSTEIN, G. DUSCHER, M.

LESCHNIK und A. JOACHIM

(→ für den deutschen Bericht unter https://www.wtm.at/Archiv.php Stichwort „Angiostrongylus“ eingeben.)

 
 
 

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